Wut, Angst, Trauer, Scham und Freude – über jedes der fünf menschlichen Grundgefühle lohnt es sich, zu schreiben. Ich beginne mit der Trauer!
Trauer ist ein stilles Gefühl – zumindest in unserer Kultur, wo die Tradition der Klageweiber fehlt, die laut wehklagen und jammern. Traurig sein passt auch eigentlich nicht zum Sommer, der ja Leichtigkeit verspricht.
Weil meine Mutter mitten in diesem Sommer starb, hatte ich eine Menge Gelegenheit, dieses Gefühl zu kosten. Die Endgültigkeit des letzten Abschiedes schmerzt einfach besonders – das erfahre ich auch von den Menschen um mich, die solche Verluste bereits kennen. Die Anteilnahme und das Mitgefühl, das mir als Trauernder entgegengebracht wird, tut gut.
Trauer als menschliches Grundgefühl bringt uns in Verbindung mit Wertschätzung und Würdigung für Menschen und Dinge, die wir lieben. Und lehrt uns Akzeptanz für die Dinge, die wir nur hinnehmen oder annehmen können, aber nicht verändern. Ich erinnere mich, wie mein Sohn als etwa Zweijähriger ein Stöckchen ins Feuer warf. Die Flammen erfassten es und dann brannte es lichterloh – da fiel ihm ein, dass er es gern zurückhätte. Seine Gefühle wechselten von Fassungslosigkeit über Wut zu Verzweiflung darüber, dass das einfach nicht möglich war.
Ich mag, dass auf den Listen von Marshall Rosenberg „Trauern“ nicht nur als Gefühl, sondern auch als Bedürfnis steht, als eigene Qualität oder Form von Lebensenergie: Trauern um den Verlust geliebter Menschen oder verlorene Träume. Ich habe eine Medizinfrau der Lakota (indigenes Volk in Nordamerika) sagen hören, dass Menschen in ihrer Kultur nach dem Verlust eines nahestehenden Menschen ein Jahr lang nicht zu sozialen Anlässen gehen würden, um jederzeit weinen zu können.
Ich bin froh, zu erleben, dass mich die Praxis der Gewaltfreien Kommunikation auch in den dunklen Stunden trägt: Gefühle zu fühlen, ihnen Raum zu geben, sie sein zu lassen als das, was in mir eben gerade lebendig ist. Nach den Bedürfnissen zu tasten und darin einen tröstlichen Grund zu finden. Trauer, so lerne ich, quillt innerlich nach oben, ausgelöst durch Erinnerungen oder Sinneseindrücke. Die „Geschichte“ der eigenen Gedanken dazu freundlich zu betrachten. Nach einer Weile wird es innerlich friedlich, und meine Aufmerksamkeit wendet sich anderen Dingen zu.
Dafür lohnt es sich doch, zu üben…
In diesem Sinne wünsche ich Euch leichte und unbeschwerte Sommertage mit einem winzig-kleinen oder größeren Raum für die Trauer dort, wo es für Euch gerade um Loslassen, Würdigen oder Abschied geht.
Herzliche Grüße, Daniela