Hilft Gewaltfreie Kommunikation bei Konflikten in der Partnerschaft?
Immer wieder kommen Menschen auf mich zu, die in ihrer Partnerschaft Spannungen und Konflikte erleben oder sich ein anderes Miteinander wünschen – mit der Frage, ob Gewaltfreie Kommunikation da helfen kann. Meine Antwort: Ja…und Nein!

Obwohl die Gewaltfreie Kommunikation keine theoretische Landkarte für innere Persönlichkeitsanteile kennt, war sich Marshall Rosenberg der tieferen Schichten von Gefühlen und Bedürfnissen bewusst, die unsere Beziehungen prägen.
„Das ist ungerecht!“
Wenn mein Mann beispielsweise etwas sagt, das in mir den Gedanken „Das ist ungerecht!“ hervorruft, spüre ich kurz den Schmerz, bevor eine heftige Wut in mir aufsteigt. Dann sage ich oft Dinge, die mir später leidtun. Diese Wut geht nur zu einem kleinen Teil zurück auf das, was mein Mann sagt – der Großteil meiner Reaktion geht auf „alte unerfüllte Bedürfnisse“ zurück. In meiner Herkunftsfamilie habe ich eine Geschwisterkonstellation erlebt, in denen die Bedürfnisse nach Gesehen werden, Gleichwertigkeit und Schutz zeitweise sehr unerfüllt waren.
Der innere Anteil von mir, der so wütend wird, agiert nach der Devise „schlag schnell zurück, damit es richtig weh tut“. Er interessiert sich nicht die Bohne für den Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation, weshalb all mein Wissen darüber auch nach so vielen Jahren in solchen Situationen nicht zugänglich ist. Viele Teilnehmer:innen berichten, dass sie solche Impulse mit aller Willenskraft nicht „in den Griff bekommen“. Genau hier setzt die Arbeit mit den inneren Anteilen an, in der GFK-Sprache „vertiefte Selbst-Empathie“.
Wie Selbst-Verantwortung wachsen kann
Dabei erfahren die inneren Anteile mit schmerzlichen Gefühlen Anerkennung, Mitgefühl und Heilung. Und die impulsiven Anteile, die zum Schutz entstanden sind, erfahren Wertschätzung für ihre guten Gründe. Durch die Selbstempathie-Prozesse entsteht wirkliche Selbst-Verantwortung für die eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Handlungen. Und wenn impulsive Teile in der Hitze des Gefechts Schaden anrichten, können wir auch dafür Verantwortung übernehmen, unser Bedauern darüber ausdrücken und uns um Wiedergutmachung bemühen.
Wenn wir an dieser Stelle Verständnis für unser impulsives Verhalten oder die Erfüllung dieser alten Bedürfnisse von unseren Partnerinnen und Partnern erwarten, überfordern wir sie gnadenlos. Gerade in unseren engen Beziehungen suchen wir uns auf geheimnisvolle Weise oft jemanden aus, der die passenden Schmerzpunkte hat. Das bedeutet, es gibt auf beiden Seiten innere jüngere Anteile und Beschützeranteile, die wie „Schlüssel und Schloss“ zusammenpassen. Dadurch entwickeln sich manchmal ungünstige Verhaltensmuster in der Partnerschaft, die einen hohen seelischen Preis haben. Konflikte eskalieren schnell und werden sehr schmerzhaft durch gegenseitige Beschuldigungen und Vorwürfe, oder beide ziehen sich verletzt zurück und hilfloses Schweigen verhindert Klärungen von wichtigen Themen.
Innere Arbeit, die sich lohnt
Diese Konflikte lassen sich jedoch nicht durch eine bessere oder gewaltfreiere Kommunikation lösen, sondern nur dadurch angehen, dass jede und jeder auf seiner Seite auf die Suche geht, um das eigene innere Geschehen besser zu verstehen. Diese Arbeit braucht etwas Mut und kostet manchmal Überwindung. Gut zu wissen: Die Methoden, mit denen ich arbeite, sind auch bei traumatischen Erfahrungen sicher anwendbar.
Aus Liebe zu sich selbst und zur Partnerin/ zum Partner – damit sich nicht zwei verlassene oder verzweifelte innere Kinder gegenüberstehen, sondern zwei Erwachsene, die ihre inneren Kinder liebevoll halten und sich damit mehr und mehr in Selbstverantwortung begegnen können.
Herzliche Frühlings-Grüße,
Daniela
