Du solltest endlich mal …
Vermutlich beeinflussen wenige Dinge unser Leben und unsere Beziehungen so wie unsere Erwartungen. „Der Dackel unserer Nachbarn sollte nicht den ganzen Tag auf dem Balkon stehen und bellen.“ „Meine Partnerin sollte mehr Zeit für mich haben.“ „Mein Arbeitgeber sollte fair mit mir umgehen.“
Das Besondere an Erwartungen: Sie sind Wünsche, Vorstellungen von der Zukunft oder Vermutungen, und sie sind häufig unausgesprochen. Oft merken wir nicht mal selbst, dass wir eine Erwartung gehegt haben, bis sich plötzlich ein Gefühl von Enttäuschung breitmacht.

Aus Sicht der Gewaltfreien Kommunikation sind Erwartungen eine bestimmte Art von Gedanken oder Bewertungen, die meist mit der Formulierung „jemand sollte…“ beginnen. Der Effekt ist meist, dass wir mit der Realität überkreuz kommen, wenn sich die Erwartungen nicht erfüllen. Dann sind wir im wahrsten Sinne „ent-täuscht“, frustriert oder wütend, und es ist nur noch ein kleiner Schritt, andere oder uns selbst mit mit Vorwürfen zu konfrontieren oder Forderungen zu stellen.

Einen besonderen Stellenwert haben Erwartungen an uns selbst. Man könnte sagen, dass ein bestimmter innerer Anteil von uns Erwartungen formuliert: „Ich sollte beruflich erfolgreicher sein.“ „Ich sollte endlich mehr Sport treiben.“ Dieser innere Teil beobachtet argwöhnisch, ob etwas in der Richtung passiert und spart dann nicht mit Kritik und (Selbst-)Vorwürfen. Das kann so weit gehen, dass ein innerer rebellischer Anteil dann in den Widerstand geht und sagt, „Na, jetzt erst recht (nicht)…“
Erwartungen sind also ein guter Einstieg in Selbst-Empathie – um wieder mit dem Leben in uns in Kontakt zu kommen und dann aus dieser Verbindung heraus gelassen und wirksam zu handeln.
Damit meine ich übrigens nicht, dass wir keine Erwartungen haben sollten. „Ich erwarte gar nichts von Dir / dem Seminar / dem Gespräch!“ ist in meiner Erfahrung meistens eine reine Schutzbehauptung, die vor Enttäuschung schützen soll und am Ende alle Beteiligten unzufrieden zurücklässt. Ich meine auch nicht, dass wir Erwartungen quasi „wegmeditieren“ sollten, um dann zufrieden und erwartungs-los auf unser Leben und unsere Mitmenschen zu blicken. Ich empfehle eher Ehrlichkeit und Auseinandersetzung mit den eigenen (heimlichen) Wünschen und Vorstellungen, um sie dann in lebensdienlicher Art und Weise ins Gespräch zu bringen und Verantwortung dafür zu übernehme
„Frieden beginnt dort, wo Erwartungen enden.“
– Sri Chinmoy
Die Schritte des Selbst-Empathie-Prozesses im Überblick:

Du kannst Dir den Prozess auch in Form eines Handouts im PDF-Format herunterladen.
Ich wünsche viele Erkenntnisse beim Ausprobieren!
Sonnige Mai-Grüße,
Daniela